Wenn es trotz vollbesetzter Aula absolut still wird, hat ein Vortrag seine eindrücklichste Wirkung erreicht. Fünf Sekunden lang, nachdem die Schülerinnen und Schüler vom tragischen Freitod Philipp Auerbachs, des prominentesten Juden im Nachkriegsdeutschland gehört hatten, herrscht absolute Stille im Festsaal unseres Marianum, bis der Autor mit den Worten „Und jetzt seid ihr dran!“ die anschließende Fragerunde einleitet, in der er den Schülern der Stufen 9 und der Q2 der beiden Warburger Gymnasien offen und ebenso eindrucksvoll wie während seiner Lesung Fragen zum Leben Auerbachs sowie zur Entstehung seines Werkes beantwortet.

Hans-Hermann Klare ist ehemaliger Schüler unseres Marianum, war danach u. a. langjähriger Autor und leitender Redakteur des „Stern“, seit 2016 ist er Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung der UNO Flüchtlingshilfe in Deutschland. Sein Porträt des amerikanischen Kriegs-Fotografen James Nachtwey war die Grundlage für den Oscar-nominierten Dokumentarfilm „War Photographer“. „Ich hatte, genauso wie ihr, in meiner Schulzeit Lehrer, mit denen ich gut zurecht kam, und solche, mit denen ich weniger gut zurecht kam. Aber ohne sie, ohne meine Schulzeit am Marianum wäre mein Lebensweg so nicht möglich gewesen“, begrüßt der 1956 geborene Marianer seine Zuhörer.

Seine Lesung aus seinem Werk „Auerbach – Eine jüdische Tragödie oder Wie der Antisemitismus den Krieg überlebte“ beinhaltete die letzten Kriegstage des Juden Philipp Auerbach, der mehrere KZs – u. a. Auschwitz – und zuletzt den Todesmarsch nach Buchenwald überlebte, wo er die Befreiung durch die Amerikaner erlebte, sowie den Freitod des im Nachkriegsdeutschland prominentesten Juden, der nach seiner Verurteilung durch ein bayerisches Gericht, das von ehemaligen Nazis besetzt war, den Freitod wählte.

Der spannenden, aber v. a. sehr bewegenden und eindrucksvollen Lesung folgen die Schülerinnen und Schüler gebannt, erleben wie die Tragik dieser Person das Weiterleben des Antisemitismus auch nach Kriegsende und das „Überleben“ alter Nazi-Eliten widerspiegelt.

In der anschließenden Fragerunde offenbart der Autor, gefragt nach der Motivation für sein Werk: „Ich wollte Philipp Auerbach so etwas wie ein Denkmal errichten“. Dies ist ihm zweifelsohne gelungen, wie die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler zeigten.

Seit langer Zeit durften wir in unserer vollbesetzten Aula endlich einmal wieder eine Veranstaltung zur historisch-politischen Bildung anbieten, dafür, dass diese im besten Sinne gelang, ein herzliches Dankeschön an Hans-Hermann Klare!

Frank Scholle